CONCETTO PRESTIFILIPPO

Er ist Schauspieler, auch wenn nicht jeder ihn gleich auf dem Schirm hat. To Go Berlin hat ein ausführliches Interview mit ihm geführt.

Ihr schaut gerne Filme im Kino und TV? Berlin und Brandenburg ist ein sehr begehrter Drehort für viele Produktionen geworden, nicht nur aus dem Inland, auch ausländische Produktionen werden unter anderem im Studio Babelsberg gedreht.

Für die Produktionen werden viele Gesichter benötigt, um den Szenen die notwendige Tiefe zu geben oder den oder die Hauptdarsteller-innen gut aussehen zu lassen.

Hier kommen Komparsen und Kleindarsteller ins Spiel. Viele Gesichter werdet ihr in Produktionen wiedererkennen.

Eines dieser vielen Gesichter hat ToGo Berlin für Euch einmal befragt:

– Stell Dich kurz unserer Leserschaft vor

Hallo, mein Name ist Concetto Prestifilippo. Jahrgang 1967, geboren und aufgewachsen in Dortmund. Meine Leidenschaft zum Film wurde bei mir schon als kleiner Junge geweckt. Damals habe ich im Fernsehen und später natürlich auch im Kino die Magie des Films für mich entdeckt und gespürt. Besonders die alten Klassiker, vor allem Western, haben mich in ihren Bann gezogen. Schauspieler wie John Wayne, Gregory Peck, Anthony Quinn, Jean-Paul Belmondo oder Cary Grant waren meine damaligen Helden und Idole. Ich wollte genauso sein wie sie und in tollen Filmen mitspielen. Daher hatte ich schon sehr früh den großen Traum Schauspieler zu werden. Später, als ich anfing eigene Ideen für Filme zu entwickeln, kam dann noch der Wunsch dazu als Regisseur zu arbeiten. Nach dem Abitur habe ich mich deshalb auch an den Filmhochschulen in München und Berlin als Regisseur beworben, doch dort leider nicht die Aufnahmeprüfung bestanden. Und so habe ich Architektur studiert und später eine Weiterbildung zum Technischen Redakteur gemacht. Nach Tätigkeiten in Köln und Dortmund bin ich 1994, der Liebe wegen -heute sind wir verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder, nach Berlin gezogen. … Und nach all den Jahren bin ich immer noch hier und immer noch fasziniert von dieser Stadt und ihren Möglichkeiten.

– Wie bist Du zu diesem (Neben-)Job gekommen

Wie schon gesagt, als kleiner Junge wollte ich immer zum Film, um Schauspieler zu werden. Doch diesen Traum habe ich nicht ausdauernd genug verfolgt und daher mit den Jahren aus den Augen verloren. Tief in mir war und ist dieser Traum aber stets geblieben. Erst als ich nach Berlin zog und hier anfing zu arbeiten, merkte ich, dass diese Stadt in Sachen Film und Fernsehen eine Menge Möglichkeiten bietet.

Durch einen Aufruf im Radio nahm ich 2001 spontan an einem Casting zum Film „Resident Evil“ (2002) teil. Gesucht wurden Komparsen, die als Zombies agieren sollten. Leider kam ich nicht bis in die Endrunde und war damit wieder raus. Doch nun hatte ich Blut geleckt und die Chance gespürt doch noch etwas in Sachen Film zu realisieren. Wenn auch etwas kleiner als in meinen Träumen.

Den zweiten Anlauf unternahm ich 2003 als für den Film „In 80 Tagen um die Welt“ (2004) hunderte von Komparsen gesucht wurden. Also nahm ich an diesem Massencasting in Babelsberg teil, mit der Hoffnung mal in einem echten großen Hollywood-Film mitzuspielen. Doch nach der Registrierung hörte ich nichts mehr und der Film wurde ohne meine Mitwirkung gedreht. Immerhin gab es hierdurch für mich etwas später einen Drehtag bei einem anderen Film. Nach diesem Drehtag kamen jedoch keine weiteren Anfragen und so blieb es erst einmal bei diesem einen Drehtag.

Erst 2008, meinem dritten Anlauf, kam das alles entscheidende Schlüsselereignis. Aus den Medien wusste ich bereits, dass Quentin Tarantino in Babelsberg den Film „Inglourious Basterds“ (2009) drehen wollte. Ich hatte damals jedoch nicht damit gerechnet dabei sein zu können. Bis zu dem Samstag, an dem mich ein guter Freund aus Köln anrief und fragte, warum ich zuhause sei und nicht in Babelsberg beim Casting für den neuen Tarantino-Film. Bei diesem Casting suchte die „Agentur Filmgesichter“ Komparsen für den besagten Film. Ich war irritiert, warum hatte ich davon nichts mitbekommen, so ein Mist, Chance verpasst. Doch der Freund aus Köln beruhigte mich und meinte, dass am morgigen Sonntag ein weiterer Casting-Tag in Babelsberg stattfindet. Daher bin ich gleich am nächsten Morgen mit der ganzen Familie nach Babelsberg gefahren, vorbei an dieser nicht enden wollenden Schlange von Menschen. Am Ende der Schlange hielt meine Frau an und meinte, ob ich mich dort wirklich anstellen wollte. Ich stieg aus und meinte „Na klar, sonst wäre ich doch nicht hier“. Meiner Frau war die Warterei jedoch zu lang und fuhr daher mit den Kindern weiter, um sich in der Zwischenzeit die Stadt Potsdam anzusehen. Mehrere Stunden später und ca. 100 m weiter in der Warteschlange kam meine Frau wieder vorbei, um mich abzuholen. Ich blieb und meinte, dass ich doch jetzt nicht aufgebe und solange hier anstehe, bis ich registriert bin. Sie fuhr also mit den Kindern zurück nach Hause und ich blieb brav in der Schlange stehen. Nach weiteren etlichen Stunden, dem Ausfüllen eines Fragebogens und schnell gemachten Fotos war ich endlich durch und seitdem bin ich bei „Filmgesichter“ registriert. Doch leider kam keine Buchung. Die Dreharbeiten zu „Inglourious Basterds“ starteten und für mich stand fest „Du bist mal wieder nicht dabei“. Im Dezember kam sie dann doch noch, die Anfrage mit der anschließenden Buchung als Komparse, für mehrere Tage, bei „Inglourious Basterds“ zu drehen. Seit diesem Einsatz werde ich regelmäßig über die „Agentur Filmgesichter“ für verschiedene Film- und Fernsehproduktionen gebucht. 2022 und 2023 habe ich noch zusätzlich verschiedene Schauspielseminare im „Berlin Acting Studio“ absolviert … und vielleicht wird aus meinem Nebenjob als Komparse, ja irgendwann doch noch eine Vollbeschäftigung in meinem Traumberuf als Schauspieler.

– Dein erster Dreheinsatz

Mein erster Drehtag und Einsatz vor einer Kamera an einem Film-Set war für den Spielfilm „Beyond the Sea – Musik war sein Leben“ (2004) am Donnerstag, den 18. Dezember 2003. Diesen Tag werde ich nie vergessen. Diesen Dreh erhielt ich aufgrund meines Castings zu „In 80 Tagen um die Welt“. Dieser Film wurde zwar ohne mich gedreht, doch stattdessen erhielt ich die Buchung für einen Tag als Komparse bei „Beyond the Sea“. Ich konnte es kaum fassen in einem internationalen Spielfilm von diesem Format mitzuspielen. Ein Kindheitstraum wurde Realität. Bei meinem damaligen Arbeitgeber nahm ich mir sofort einen Tag Urlaub, um endlich mal dabei zu sein, wenn großes Kino entsteht. So ging ich aufgeregt, neugierig und voller Tatendrang zu meinem ersten Drehtag. Und als erstes lief mir gleich der Regisseur und Hauptdarsteller Kevin Spacey über den Weg. Großartig!!! Und auch all die anderen großen Stars waren da: Kate Bosworth, John Goodman, Bob Hoskins und ich mittendrin.

– Vielleicht noch ein paar Beispiele für Rollen von Dir

In all den Jahren hatte ich die meisten Einsätze als Komparse, z. B. in:
– Unknown Identity (2011), als Passant in der Friedrichstraße,
– Cloud Atlas (2012), als Museumsbesucher im Jahre 1973,
– Die Tribute von Panem: Mockingjay – Teil 2 (2015), als Distrikt-Bewohner,

– Bridge of Spies – Der Unterhändler (2015), als NVA-Grenzsoldat auf der Glienicker Brücke,

– The First Avenger: Civil War (2016), als Mitarbeiter der „Joint Terrorism Task Force“ (JTTF),
– Jason Bourne (2016), als Passant im Berliner Hauptbahnhof,
– Das Damengambit – Miniserie (2020), als Zuschauer beim Schachturnier im Paris des Jahres 1967,
– Matrix Resurrections (2021), als Person im „Schwarm“
Dazu kommen auch Rollen als Kleindarsteller, z. B. in:
– Drei (2010), als 1. FC Union Berlin Fan im Freundeskreis von Adam Born,
– Anonymus (2011), als Mitglied des Kronrats im Königshaus (Privy Council),
– Deutschland 83 (2015), als Francesco Catone, italienischer NATO-General,
– Babylon Berlin – Serie/Staffel 1 (2017), als Kriegszitterer,
– Dark – Serie/Staffel 1 (2017), als Vater beim Elternabend und Zuschauer einer Theateraufführung

– In wievielen Kino Filmen / TV Filmen warst Du bisher eingesetzt

Also wenn ich meine Filmografie richtig im Blick habe und alle meine Tätigkeiten als Darsteller, Kleindarsteller, Komparse, Stand-In (Lichtdouble) und Bodydouble zusammenzähle, komme ich bisher auf etwas über 100 Projekte. Dazu zählen nationale und internationale Film- und Fernsehproduktionen sowie Werbespots und Engagements bei Eventveranstaltungen.

– Deine bisher größte Rolle

Wenn damit meine zeitlich längste Leinwand- bzw. Bildschirmpräsenz pro Projekt gemeint ist, gehören wahrscheinlich meine Rollen als Spiegel-Redakteur Claus Jansen in „Die Spiegel-Affäre“ (2014) und als beisitzender Richter in „Der Fall Collini“ (2019) dazu. Ebenso mein Auftritt als Hauptdarsteller in dem Werbespot „Hamster“ (2011) für den norwegischen Fernsehsender TV 2 Sumo. Wenn sich die Frage auf die Bedeutung der für mich persönlich wichtigsten Rolle bezieht, dann auf jeden Fall meine Rolle als Bernt, der Tango-Tanzpartner von Elena in „Wunderschön“ (2022), denn hier wurde ich zum ersten Mal namentlich im Abspann (Credited) erwähnt. Und dazu gehört auch meine Rolle als Norbert in „Einfach mal was Schönes“ (2022). Diese Rolle bekam ich, ohne ein Casting zu machen, weil Karoline Herfurth sich noch an mich erinnern konnte und meinte, dass sie kein Casting von mir braucht. Das geht runter wie Öl. Auch hier steht mein Name wieder im Abspann und dieses Mal sogar nicht mehr ganz am Ende.

– Deine persönliche Lieblingsrolle bis heute

Im Laufe der Jahre gab es viele Rollen, die besonders waren und an die ich mich gerne erinnere. Auf jeden Fall zählt nach wie vor meine Rolle in „Inglourious Basterds“ dazu. Großartig waren auch die Rollen, in denen man historische oder besondere Kostüme getragen hat. Doch mein Favorit ist bisher mein Einsatz als Vampir während der Horrornächte im Filmpark Babelsberg 2018 und 2019 mit insgesamt 15 Einsatztagen. Es hat teuflisch viel Spaß gemacht nachts im Filmpark sein Unwesen zu treiben, Angst und Schrecken zu verbreiten und die Besucher so zu erschrecken, dass ihnen das Blut in den Adern gefriert. Und das Beste, dafür wurde ich auch noch bezahlt. Ein Riesenspaß. Meine Traumrolle für die Zukunft wäre die des „Bestrafers“, besser bekannt als „The Punisher“ in einer entsprechenden Marvel-Verfilmung oder falls Christian Alvart doch noch seine geplante Realverfilmung von „Captain Future“ realisiert, hier eine große Sprechrolle zu bekommen. Aber ein absolutes „Muss“: einmal in meinem Leben noch in einem Western mitspielen und da am liebsten die Rolle des einsamen Fremden, der am Ende des Films in den Sonnenuntergang reitet.

– Hast Du auch Kontakt zu den Stars der Filme

Generell ist es am Set nicht erwünscht, dass man als Komparse versucht mit den Stars in Kontakt zu kommen oder gar mit diesen ein Selfie macht. Bei großen und internationalen Produktionen ist es sogar verboten Fotos zu machen oder überhaupt ein Handy zu nutzen. Doch hin und wieder gibt es die Gelegenheit dichter an die Stars heranzukommen. In all den Jahren und meinen vielen Einsätzen als Komparse und Kleindarsteller kam es zu vielen tollen, aufregenden, lustigen und unglaublichen Erlebnissen, die mir in Erinnerung geblieben sind und zu unvergesslichen Momenten in meinem Leben zählen. Da ist die persönliche Begrüßung mit Handschlag von Gore Verbinski bei den Dreharbeiten zu „A Cure for Wellness“ (2016), die Drehtage bei „The First Avenger: Civil War“ (2016) bei dem ich in einer Drehpause das Original Schild von Captain America halten durfte und einen halben Tag am Potzdamer Platz neben Scarlett Johansson drehen konnte, das „High five“ mit Heino Ferch nach einem gelungenen Take, das ein oder andere Gespräch mit Franco Nero, Heiner Lauterbach, Rainer Bock und Catrin Striebeck während der Drehpausen bei „Der Fall Collini“, eine gemeinsame Szene mit Götz George in „George“ (2013). Doch ganz besonders war mein Einsatz als Darsteller im Film „Ein verborgenes Leben“ (2019). Dort wurde ich persönlich vom Regisseur Terrence Malick begrüßt, bekam zusammen mit den Schauspielern direkt von ihm entsprechende Regieanweisungen, hatte Text und Interaktion und wurde am Ende meines Drehtages sogar noch von Terrence Malick für meine Arbeit gelobt. Das fühlte sich gut an. So muss es wohl sein, wenn man als Schauspieler arbeitet. Es macht süchtig.

– Mit welchem Regisseur würdest Du gerne Mal arbeiten

Bisher hatte ich das Glück mit einigen der ganz großen aus der Branche zusammen zu arbeiten, wie z. B. mit Quentin Tarantino, Tom Tykwer, Roland Emmerich, Lana und Lilly Wachowski, Brian De Palma, Steven Spielberg, Gore Verbinski, Florian Henckel von Donnersmarck und Terrence Malick. Ganz oben auf meiner Wunschliste stehen noch Martin Scorsese, Clint Eastwood und Ridley Scott. Mit diesen Regisseuren würde ich sehr gerne mal arbeiten. Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich ja noch die Gelegenheit.

– Wurdest Du auch schon international, außerhalb Berlin Brandenburg Drehorte, gecastet

In Hollywood leider noch nicht. Drehorte außerhalb von Berlin oder Brandenburg hatte ich allerdings schon. Die dazugehörigen Castings fanden jedoch in Berlin statt oder erfolgten über ein sogenanntes E-Casting, das bedeutet, während einer Webkonferenz spielt man eine vorgegebene Szene oder zeichnet diese mit einem Smartphone auf und sendet dieses Video an die entsprechenden Castingverantwortlichen. Zu meinen Einsätzen außerhalb von Berlin oder Brandenburg zählt z. B. meine Rolle als Einwohner von Augsburg in „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ (2013). Hier gab es einen Nachtdreh für eine Hexenverbrennung auf dem Burgplatz in Braunschweig (Niedersachsen). Alle weiteren Drehtage für diesen Spielfilm hatte ich auf dem Filmgelände in Potsdam Babelsberg. Mein Dreh zu „Ein verborgenes Leben“ fand in Zittau (Sachsen) statt. Für „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ (2022) hatte ich als Stasifunktionär – Genosse 3 (Credited) zwei Drehtage in Gera (Thüringen).

– Dein Ratschlag für Leser die so Etwas auch machen möchten

Falls ihr „zum Film“ wollt, glaubt an eure Träume und lasst nichts unversucht. Meldet euch bei einer Agentur wie „Filmgesichter“ an, um erste Erfahrungen am Set zu sammeln und um wichtige Kontakte zu knüpfen. Bei den Einsätzen am Set kann man am besten feststellen, ob man in dieser Branche arbeiten möchte, ob einem dieser Beruf Spaß macht und ob man dieser Art von Arbeit gewachsen ist. Reich wird man mit einer Tätigkeit als Komparse leider nicht. Der Stundenlohn bewegt sich im Rahmen des jeweils festgelegten Mindestlohnes. Interessanter wird es erst bei den Kleindarstellerrollen, doch die bekommt man leider nicht so häufig. Bringt viel Geduld mit, denn Dreiviertel des Drehtages verbringt man mit Warten. Auch Ausdauer ist gefragt, da eine Szene ca. 10- bis 20-mal wiederholt wird, bevor diese im Kasten ist und man unter Umständen genauso oft eine Treppe oder Straße entlanglaufen muss. Auch die Start- und Endzeiten an einem Drehtag sind oft sehr früh am Morgen bzw. spät in der Nacht. In der Regel dauert ein Drehtag ca. 10 bis 12 Stunden, manchmal auch länger. Etwas anderes zwischendurch zu erledigen oder vorzeitig vom Filmset zu gehen ist leider nicht möglich. Wen all dieses nicht abschreckt, sollte es einfach mal ausprobieren. Eine besondere und außergewöhnliche Erfahrung ist es in jedem Fall.

 

Falls euch mein Interview gefallen hat und ihr mich auf meiner weiteren unglaublichen Reise als Schauspieler, Kleindarsteller & Komparse durch die Kino- und Fernsehlandschaft begleiten wollt, dann folgt mir auf Instagram: @concetto_prestifilippo

Ich freue mich über jeden Weggefährten und spätestens im Kino oder Fernsehen sehen wir uns wieder.

Herzlichst, euer

Concetto Prestifilippo

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